"Ja, wir haben endlich Red Dead Redemption 2 gespielt, und es war ein Erlebnis. Weil dieses Spiel nicht von Skripten geprägt von Quest zu Quest jagt, sondern in eine raue, brutale, feindselige, aber verdammt faszinierende Wild-West-Welt einlädt, die sich wie ein spielbares The Hateful Eight anfühlt.
Okay wow. Es gibt nur wenige Spiele da draußen, die Sie so fesseln, so überraschen und nicht selten mit staunendem Gesicht zurücklassen werden. Red Dead Redemption 2 erzählt nicht nur diese eine große Geschichte wie ein GTA 5. Vielmehr ist es eine Welt, die den Wilden Westen zum Leben erweckt. Es gibt große Missionen, die atemberaubende Hatz über das Dach eines gepanzerten Zuges, die Schießereien mit Pinkerton-Agenten, das Aufbrechen der Panzertüren mit Dynamit, das Staunen über den Luxus im Inneren, denn es ist der Privatzug von einem Gentleman, dem hier die halbe Gegend gehört. Doch das sind Set-Teile, geskriptete Szenen, die konnte Rockstar schon immer. Was aber vielmehr fasziniert, ist, wie sich aus Alltagssituationen Duelle ergeben, und wir wirklich das Gefühl haben, unsere eigenen kleinen Geschichten zu schreiben. Red Dead Redemption 2 will mehr als eine gigantische Karte sein, die durch Missionen zusammengehalten wird. Es will ein Erlebnis bieten, es will ablenken, es will aus der Struktur ausbrechen, wie wir Videospiele kennen.
Unvergessen jener Moment, als wir als Arthur Morgan auf unserem Pferd nach Valentine einreiten. Eine kleine Stadt mit Saloon, Barbier, einem Hotel, einem Schmied, einem Büchsenmacher, ein paar Häusern. Wir sind etwas schnell unterwegs, haben unserem Ross etwas zu hart die Sporen gegeben und reiten einen Typen um. Er taumelt und landet im Matsch, wir denken uns nichts und traben weiter, jetzt langsamer. "Hey, du Idiot. Komm sofort her, dir werd' ich's zeigen", schreit uns der Cowboy hinterher. Schlecht rasiert, vermutlich dezent betrunken, reißt er uns vom Pferd, drückt uns in den Schlamm. Wir spielen die Playstation-4-Pro-Version, setzen einen ordentlichen rechten Haken, die erste Schlägerei in Red Dead Redemption 2.
Sie geht gut von der Hand. Wir tanzen um den Gegner, blocken seine Schläge, teilen selbst ordentlich aus. Bereits in diesen ersten Minuten zeigt sich, wie viel Liebe in der Technik steckt. Der Halunke zieht einen harten Haken durch, der in einem Cut am linken Auge von Arthur endet. Ein bisschen Blut rollt die Wangen runter. Prügeln wir uns, sieht man das hinterher. Nicht nur an der Kleidung, der Ledermantel ist völlig eingesaut, als wir uns mit dem Typen im Schlamm suhlen - da wird gleich ein Bad nötig sein. Auch im Gesicht: Schrammen, Beulen, blau geprügelte Wangen. Doch Valentine ist keine Stadt der Gesetzlosen. Der Sheriff ist da.
Die kleinen Geschichten sind es, die sich ins Hirn brennen
Als der Gesetzeshüter so auf uns zuläuft, ist das wie eine dieser High-Noon-Szenen aus Western-Filmen: Grimmige Blicke treffen sich, zwei Männer an den Abzügen. Bei uns aktiviert sich der klassische Videospiel-Reflex: Revolver zücken, auf ins Duell. Doch wir erinnern uns daran, was uns die PR-Manager von Rockstar Games in der Einleitung erzählt haben: Eine spezielle Taste lässt uns mit jeder Figur und auch jedem Tier interagieren. So gehen wir auf den Sheriff zu und am rechten Rand rollt sich ein Menü aus: Wir können ihn provozieren, keine gute Idee. Besser ist es zu deeskalieren, Arthur spricht dann mit dem Gesetz. Beeindruckend: Diese Gespräche zwischen Figuren sind kontextsensitiv, Arthur erklärt dem Gentleman mit dem Stern, dass er eigentlich nur versehentlich den Typen umgeritten habe und dieser dann auf ihn losgegangen sei. Haben wir Glück, glaubt uns der Mann des Gesetzes - das hängt stark damit zusammen, ob wir bereits gesucht werden oder ein unbeschriebenes Blatt sind. Doch Rockstar will vor allem einen authentischen Wilden Westen anbieten. Anders als in Mafia 3 werden Sie nicht direkt beschossen, die Gesetzeshüter kennen eine Balance. So eine Rauferei gilt als Störung der öffentlichen Ordnung, ist aber keine große Sache.
Es gibt zwar ein globales Ehrensystem, welches quasi unsere Gewaltbereitschaft als Outlaw und Gangster porträtiert, doch in jeder Stadt haben wir prinzipiell einen eigenen Ruf. Damals gab's noch keine Technologie - hat uns der eine Sheriff auf dem Kieker, reiten wir eben in eine andere Stadt, dort haben wir dann bessere Karten. Wichtig aber auch zu wissen: Authentizität ist keine Einbahnstraße. Rockstar will, dass sich Red Dead Redemption 2 echt anfühlt, nicht einfach nur wie ein Videospiel. Gibt der Sheriff Ihnen die Chance zu verschwinden, hauen Sie ab. Sie können nicht ewig warten, es gibt keinen Timer, der für die Antworten abläuft. Das ist alles sehr organisch, jedes Gespräch fühlt sich mehr wie ein Dialog zwischen zwei Menschen an, nicht wie zwischen zwei KI-Figuren. Das ist bemerkenswert und im Grunde wirklich eine neue Art, Open-Worlds zu erleben, weil wir hier nicht von einer Mission sprechen, nicht von Skripten, sondern von ganz normalem Alltag. Bleiben wir stehen, sieht das der Sheriff als Provokation, zückt den Revolver, zielt - auch jetzt können wir die Situation noch retten: Uns zu ergeben, kostet uns eine Nacht im Gefängnis und ein paar Dollar.
Der bestechliche Sheriff und Baden mit einer Lady
Wir haben schon viele faszinierende offene Welten erlebt, aber sie funktionieren alle nach Videospiellogik: Egal ob Assassin's Creed, Far Cry oder zu gewissen Teilen auch Mafia 3: Das sind Spiele, die große Städte anbieten und viel zu erkunden, aber Figuren haben selten etwas zu sagen, wenn sie nicht Quest-relevant sind. Und Läden gibt es viele, die sind aber meist geschlossen. Geöffnet haben nur jene, die eine Relevanz für Missionen oder das Game-Design haben. Red Dead Redemption 2 ist anders, es ist noch ein Stück weit offener als GTA 5. Überall verstecken sich kleine Geschichten, denen wir nachjagen können, aber nicht müssen. Gehen wir zum Arzt, um etwa Arznei zu kaufen, Verbände und was man so als schießwütiger Cowboy braucht, dann können wir uns in ein Gespräch mit ihm vertiefen.
Wir können uns im Laden umschauen, jedes Geschäft hat einen eigenen Katalog, wo alle Waren aufgeführt sind. Wem das nicht realistisch genug ist, der sucht sie sich in der Apotheke zusammen. Und wer neugierig ist, der geht auch mal durch eine Tür, entdeckt dann ein verschlossenes Stahltor. Wir legen die Lauscher an, hören irgendetwas von Drogengeschäft, dann steht auch schon der Arzt mit der Schrotflinte im Anschlag vor uns. Wir könnten ihn töten, aber so ein Mediziner ist durchaus praktisch, ergo aktivieren wir wieder das Dialogmenü, beschwichtigen den guten Mann und gehen rückwärts die Tür raus. Besser so, der Sheriff hat uns eh schon auf dem Radar. Es ist eigentlich eine Kleinigkeit, aber sie bringt sehr viel für die Glaubwürdigkeit dieser Spielwelt.
Bis wir gezogen haben, hat der Quacksalber schon abgedrückt. Einfach mal das Gespräch suchen, entschärft sehr viele Situationen. Wobei, interessant: Warum nimmt der Sheriff denn Geldscheine aus einer Art Gitterfenster entgegen, genau dort, wo die Drogen verkauft werden? Ah, man kann die Gesetzeshüter also auch bestechen, gut zu wissen. Das ist eine von vielen Nebenmissionen, die wir entdeckt haben, sich allerdings nicht aufdrängen. Generell ist Red Dead Redemption 2 ein Werk, das Ihnen nichts vorschreiben will. Es gibt zwar eine Karte zur Orientierung, aber es ploppen keine großen Marker über Köpfen von Figuren auf, um zu schreien: "Hey, quatsch jetzt mit dem. Der ist wichtig."
Stattdessen schlawinern wir durch die Gegend, hören hier etwas, kriegen dort was mit. Wir könnten jetzt Dynamit besorgen, die Tür sprengen und das Geldversteck plündern. Wäre lukrativ, aber auch verdammt laut. Der Sheriff hat Hilfssheriffs, außerdem hält die Stadt zusammen: Versucht einer, die Bank zu plündern oder das Haus des Arztes, zückt gleich ein Dutzend Cowboys den Revolver. Der Rest versteckt sich dann in den Häusern, feine Ladys etwa rennen über die Straße, verschanzen sich in ihrem Haus. Och nö, genug arbeitet für heute. Wir sind auch ganz schmutzig von der Prügelei im Schlamm, also ab ins Hotel zum Baden. Für ein paar Dollar übernimmt das eine adrette Dame, die sich um Arthurs besondere Bedürfnisse kümmert. Nein, nicht direkt, was Sie denken - Sie können sich mit ihr unterhalten und Sie bitten, an den Beinen, Armen oder Rücken zu waschen.
Natürlich sehr detailverliebt animiert, wie die Dame dem verdreckten Cowboy den Schmutz vom Rücken wischt und die Wunden im Gesicht reinigt. Auch das ist eine Stärke dieses Spiels: Es geht nicht um die wilde Hatz von Quest zu Quest, sondern ums Genießen dieser Welt. Red Dead Redemption 2 ist dann am stärksten, wenn Sie sich die Zeit nehmen, einfach mal die Stadt zu erkunden. Nicht selten ergeben sich dadurch lukrative Neben-Quests: Ein Typ schläft im Saloon, wir kippen unseren Whiskey. Neben ihm schwitzt ein fein gekleideter Gentleman mit dicker Brille, der unbedingt ein Buch über diesen Revolverhelden schreiben will. Nur ist der immer betrunken. Er bietet gutes Geld an, wenn wir seine Weggefährten finden und nach ihm befragen. Dafür bekommen wir auch eine Kamera, Schnappschüsse dürften damit ebenfalls möglich werden.
Alles wird simuliert: Hätten Sie das Krokodil mit Schrot durchlöchert, würde das Blut an Arthurs Kleidung kleben und am Sattel. Das hier ist übrigens auch ein anderer Pferdetyp, der mehr tragen kann. Je mehr Zeit Sie mit Ihrem Tier verbringen, desto besser performt es, macht Seitfallschritte oder legt andere elegante Einlagen hin.
Okay wow. Es gibt nur wenige Spiele da draußen, die Sie so fesseln, so überraschen und nicht selten mit staunendem Gesicht zurücklassen werden. Red Dead Redemption 2 erzählt nicht nur diese eine große Geschichte wie ein GTA 5. Vielmehr ist es eine Welt, die den Wilden Westen zum Leben erweckt. Es gibt große Missionen, die atemberaubende Hatz über das Dach eines gepanzerten Zuges, die Schießereien mit Pinkerton-Agenten, das Aufbrechen der Panzertüren mit Dynamit, das Staunen über den Luxus im Inneren, denn es ist der Privatzug von einem Gentleman, dem hier die halbe Gegend gehört. Doch das sind Set-Teile, geskriptete Szenen, die konnte Rockstar schon immer. Was aber vielmehr fasziniert, ist, wie sich aus Alltagssituationen Duelle ergeben, und wir wirklich das Gefühl haben, unsere eigenen kleinen Geschichten zu schreiben. Red Dead Redemption 2 will mehr als eine gigantische Karte sein, die durch Missionen zusammengehalten wird. Es will ein Erlebnis bieten, es will ablenken, es will aus der Struktur ausbrechen, wie wir Videospiele kennen.
Unvergessen jener Moment, als wir als Arthur Morgan auf unserem Pferd nach Valentine einreiten. Eine kleine Stadt mit Saloon, Barbier, einem Hotel, einem Schmied, einem Büchsenmacher, ein paar Häusern. Wir sind etwas schnell unterwegs, haben unserem Ross etwas zu hart die Sporen gegeben und reiten einen Typen um. Er taumelt und landet im Matsch, wir denken uns nichts und traben weiter, jetzt langsamer. "Hey, du Idiot. Komm sofort her, dir werd' ich's zeigen", schreit uns der Cowboy hinterher. Schlecht rasiert, vermutlich dezent betrunken, reißt er uns vom Pferd, drückt uns in den Schlamm. Wir spielen die Playstation-4-Pro-Version, setzen einen ordentlichen rechten Haken, die erste Schlägerei in Red Dead Redemption 2.
Sie geht gut von der Hand. Wir tanzen um den Gegner, blocken seine Schläge, teilen selbst ordentlich aus. Bereits in diesen ersten Minuten zeigt sich, wie viel Liebe in der Technik steckt. Der Halunke zieht einen harten Haken durch, der in einem Cut am linken Auge von Arthur endet. Ein bisschen Blut rollt die Wangen runter. Prügeln wir uns, sieht man das hinterher. Nicht nur an der Kleidung, der Ledermantel ist völlig eingesaut, als wir uns mit dem Typen im Schlamm suhlen - da wird gleich ein Bad nötig sein. Auch im Gesicht: Schrammen, Beulen, blau geprügelte Wangen. Doch Valentine ist keine Stadt der Gesetzlosen. Der Sheriff ist da.
Die kleinen Geschichten sind es, die sich ins Hirn brennen
Als der Gesetzeshüter so auf uns zuläuft, ist das wie eine dieser High-Noon-Szenen aus Western-Filmen: Grimmige Blicke treffen sich, zwei Männer an den Abzügen. Bei uns aktiviert sich der klassische Videospiel-Reflex: Revolver zücken, auf ins Duell. Doch wir erinnern uns daran, was uns die PR-Manager von Rockstar Games in der Einleitung erzählt haben: Eine spezielle Taste lässt uns mit jeder Figur und auch jedem Tier interagieren. So gehen wir auf den Sheriff zu und am rechten Rand rollt sich ein Menü aus: Wir können ihn provozieren, keine gute Idee. Besser ist es zu deeskalieren, Arthur spricht dann mit dem Gesetz. Beeindruckend: Diese Gespräche zwischen Figuren sind kontextsensitiv, Arthur erklärt dem Gentleman mit dem Stern, dass er eigentlich nur versehentlich den Typen umgeritten habe und dieser dann auf ihn losgegangen sei. Haben wir Glück, glaubt uns der Mann des Gesetzes - das hängt stark damit zusammen, ob wir bereits gesucht werden oder ein unbeschriebenes Blatt sind. Doch Rockstar will vor allem einen authentischen Wilden Westen anbieten. Anders als in Mafia 3 werden Sie nicht direkt beschossen, die Gesetzeshüter kennen eine Balance. So eine Rauferei gilt als Störung der öffentlichen Ordnung, ist aber keine große Sache.
Es gibt zwar ein globales Ehrensystem, welches quasi unsere Gewaltbereitschaft als Outlaw und Gangster porträtiert, doch in jeder Stadt haben wir prinzipiell einen eigenen Ruf. Damals gab's noch keine Technologie - hat uns der eine Sheriff auf dem Kieker, reiten wir eben in eine andere Stadt, dort haben wir dann bessere Karten. Wichtig aber auch zu wissen: Authentizität ist keine Einbahnstraße. Rockstar will, dass sich Red Dead Redemption 2 echt anfühlt, nicht einfach nur wie ein Videospiel. Gibt der Sheriff Ihnen die Chance zu verschwinden, hauen Sie ab. Sie können nicht ewig warten, es gibt keinen Timer, der für die Antworten abläuft. Das ist alles sehr organisch, jedes Gespräch fühlt sich mehr wie ein Dialog zwischen zwei Menschen an, nicht wie zwischen zwei KI-Figuren. Das ist bemerkenswert und im Grunde wirklich eine neue Art, Open-Worlds zu erleben, weil wir hier nicht von einer Mission sprechen, nicht von Skripten, sondern von ganz normalem Alltag. Bleiben wir stehen, sieht das der Sheriff als Provokation, zückt den Revolver, zielt - auch jetzt können wir die Situation noch retten: Uns zu ergeben, kostet uns eine Nacht im Gefängnis und ein paar Dollar.
Der bestechliche Sheriff und Baden mit einer Lady
Wir haben schon viele faszinierende offene Welten erlebt, aber sie funktionieren alle nach Videospiellogik: Egal ob Assassin's Creed, Far Cry oder zu gewissen Teilen auch Mafia 3: Das sind Spiele, die große Städte anbieten und viel zu erkunden, aber Figuren haben selten etwas zu sagen, wenn sie nicht Quest-relevant sind. Und Läden gibt es viele, die sind aber meist geschlossen. Geöffnet haben nur jene, die eine Relevanz für Missionen oder das Game-Design haben. Red Dead Redemption 2 ist anders, es ist noch ein Stück weit offener als GTA 5. Überall verstecken sich kleine Geschichten, denen wir nachjagen können, aber nicht müssen. Gehen wir zum Arzt, um etwa Arznei zu kaufen, Verbände und was man so als schießwütiger Cowboy braucht, dann können wir uns in ein Gespräch mit ihm vertiefen.
Wir können uns im Laden umschauen, jedes Geschäft hat einen eigenen Katalog, wo alle Waren aufgeführt sind. Wem das nicht realistisch genug ist, der sucht sie sich in der Apotheke zusammen. Und wer neugierig ist, der geht auch mal durch eine Tür, entdeckt dann ein verschlossenes Stahltor. Wir legen die Lauscher an, hören irgendetwas von Drogengeschäft, dann steht auch schon der Arzt mit der Schrotflinte im Anschlag vor uns. Wir könnten ihn töten, aber so ein Mediziner ist durchaus praktisch, ergo aktivieren wir wieder das Dialogmenü, beschwichtigen den guten Mann und gehen rückwärts die Tür raus. Besser so, der Sheriff hat uns eh schon auf dem Radar. Es ist eigentlich eine Kleinigkeit, aber sie bringt sehr viel für die Glaubwürdigkeit dieser Spielwelt.
Bis wir gezogen haben, hat der Quacksalber schon abgedrückt. Einfach mal das Gespräch suchen, entschärft sehr viele Situationen. Wobei, interessant: Warum nimmt der Sheriff denn Geldscheine aus einer Art Gitterfenster entgegen, genau dort, wo die Drogen verkauft werden? Ah, man kann die Gesetzeshüter also auch bestechen, gut zu wissen. Das ist eine von vielen Nebenmissionen, die wir entdeckt haben, sich allerdings nicht aufdrängen. Generell ist Red Dead Redemption 2 ein Werk, das Ihnen nichts vorschreiben will. Es gibt zwar eine Karte zur Orientierung, aber es ploppen keine großen Marker über Köpfen von Figuren auf, um zu schreien: "Hey, quatsch jetzt mit dem. Der ist wichtig."
Stattdessen schlawinern wir durch die Gegend, hören hier etwas, kriegen dort was mit. Wir könnten jetzt Dynamit besorgen, die Tür sprengen und das Geldversteck plündern. Wäre lukrativ, aber auch verdammt laut. Der Sheriff hat Hilfssheriffs, außerdem hält die Stadt zusammen: Versucht einer, die Bank zu plündern oder das Haus des Arztes, zückt gleich ein Dutzend Cowboys den Revolver. Der Rest versteckt sich dann in den Häusern, feine Ladys etwa rennen über die Straße, verschanzen sich in ihrem Haus. Och nö, genug arbeitet für heute. Wir sind auch ganz schmutzig von der Prügelei im Schlamm, also ab ins Hotel zum Baden. Für ein paar Dollar übernimmt das eine adrette Dame, die sich um Arthurs besondere Bedürfnisse kümmert. Nein, nicht direkt, was Sie denken - Sie können sich mit ihr unterhalten und Sie bitten, an den Beinen, Armen oder Rücken zu waschen.
Natürlich sehr detailverliebt animiert, wie die Dame dem verdreckten Cowboy den Schmutz vom Rücken wischt und die Wunden im Gesicht reinigt. Auch das ist eine Stärke dieses Spiels: Es geht nicht um die wilde Hatz von Quest zu Quest, sondern ums Genießen dieser Welt. Red Dead Redemption 2 ist dann am stärksten, wenn Sie sich die Zeit nehmen, einfach mal die Stadt zu erkunden. Nicht selten ergeben sich dadurch lukrative Neben-Quests: Ein Typ schläft im Saloon, wir kippen unseren Whiskey. Neben ihm schwitzt ein fein gekleideter Gentleman mit dicker Brille, der unbedingt ein Buch über diesen Revolverhelden schreiben will. Nur ist der immer betrunken. Er bietet gutes Geld an, wenn wir seine Weggefährten finden und nach ihm befragen. Dafür bekommen wir auch eine Kamera, Schnappschüsse dürften damit ebenfalls möglich werden.
Alles wird simuliert: Hätten Sie das Krokodil mit Schrot durchlöchert, würde das Blut an Arthurs Kleidung kleben und am Sattel. Das hier ist übrigens auch ein anderer Pferdetyp, der mehr tragen kann. Je mehr Zeit Sie mit Ihrem Tier verbringen, desto besser performt es, macht Seitfallschritte oder legt andere elegante Einlagen hin.